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Wie in Abschnitt 5.4 erwähnt, haben sich mit der Zeit mehrere verschiedene Namen für das Eliminationsverfahren entwickelt. Die gebräuchlichsten sind:
Wir werden in Bemerkung 5.6.2 darauf eingehen, wie sich diese Namen erklären lassen.
5.6.1 Lösungsverfahren (Eliminationsverfahren). Wir betrachten zunächst wieder das lineare Gleichungssystem
Wir sehen hier, dass in der ersten Gleichung +y und in der zweiten −y vorkommt. Wäre es nicht praktisch, wenn wir die Gleichungen einfach addieren könnten? Denn dann würde das y einfach wegfallen.
Das umgeformte Gleichungssystem sieht dann wie folgt aus:
Wir zeigen nun noch, wie man all diese Schritte recht kompakt aufschreiben kann, ohne dabei wichtige Informationen wegzulassen. Dazu benutzen wir Pfeile, die jeweils eine Umformung des gerade betrachteten Gleichungssystems signalisieren. Über den Pfeilen notieren wir, welche Umformung wir durchführen. Die römischen Zahlen symbolisieren dabei die Gleichungen. Stellt euch vor, dass die Gleichungen des aktuellen Gleichungssystems, oben angefangen, mit römischen Zahlen durchnummeriert sind. Gleichung I ist also die erste Gleichung, Gleichung II die zweite Gleichung. Die Notiz “II + I” über dem zweiten Pfeil ist also eine Kurzschreibweise für “Addiere Gleichung I zu Gleichung II”. Zum besseren Verständnis schreiben wir auch noch die restlichen gemachten Umformungen aus:
5.6.2 Bemerkung. Hier kurz einige Worte zum Namen dieses Verfahrens. Betrachten wir nochmals den folgenden Schritt aus obigem Beispiel:
5.6.3 Hinweis. Rezept 5.6.4 und das darauffolgende Beispiel 5.6.5 sind zu kompliziert bzw. zu umständlich geschrieben und daher wenig verständlich. Ich bemühe mich, diesen Abschnitt möglichst bald zu überarbeiten. Die derzeitigen Versionen werde ich bis dahin der Vollständigkeit halber nicht entfernen.
5.6.4 Rezept. (Bitte Hinweis 5.6.3 beachten.) Wir fassen hier die einzelnen Schritte des Verfahrens zusammen, um uns eine bessere Übersicht zu verschaffen. Es ist eine gute Idee, bei der Bearbeitung einer Aufgabe dieses Rezept Schritt für Schritt abzuarbeiten. Dies hilft dabei, auch beim Lösen der Aufgabe immer den Überblick zu behalten, was dazu beiträgt, dass man seltener etwas vergisst.
In Beispiel 5.6.5 führen wir das Eliminationsverfahren genau nach diesem Rezept aus, um die einzelnen Schritte zu verdeutlichen. Hier allerdings noch einige kurze Erklärungen zu bestimmten Schritten.
Schritt 1 ist zwar nicht notwendig, aber oft sehr nützlich, um die Gleichungen zu vereinfachen und die Rechnungen nicht unnötig kompliziert werden zu lassen.
In Schritt 2 dürfen wir nur unter den Variablen wählen, die wir noch nicht eliminiert haben. Dabei ist zu beachten: Kommt eine Variable nur in einer Gleichung des Systems vor, so ist diese Variable effektiv schon eliminiert, auch wenn wir sie noch nicht aktiv eliminiert haben.
In Schritt 3 dürfen wir nur solche Gleichungen wählen, die die ausgewählte Variable noch beinhalten, ansonsten lässt sie sich nicht eliminieren. Das “Angleichen” erfolgt durch Multiplizieren der beiden Gleichungen mit je einer geeigneten Zahl.
In Schritt 5 ersetzen wir so, dass schon einmal eliminierte Variablen nicht wieder in mehr als einer Gleichung des Systems auftauchen. Kann das nicht passieren, so ersetzen wir die Gleichung, die uns am kompliziertesten erscheint.
Bei der Probe in Schritt 10 setzt man den in Schritt 9 berechneten Punkt in das ursprüngliche Gleichungssystem ein, um zu überprüfen, ob er tatsächlich eine Lösung des Gleichungssystems ist. Dies ist sinnvoll, weil es bei den vielen Rechenschritten, die man im Eliminationsverfahren durchführt, leicht dazu kommen kann, dass man sich verrechnet.
5.6.5 Beispiel. (Bitte Hinweis 5.6.3 beachten.) Wir behandeln nun ein Beispiel mit etwas unangenehmeren Vorfaktoren. Gegeben sei das lineare Gleichungssystem
Schritt 1: Wie im Rezept erwähnt, ist dieser Schritt nicht notwendig, aber sinnvoll, wenn man sich die Rechnungen erleichtern will. In diesem Schritt formen wir die Gleichungen so um, dass die Brüche verschwinden. Dazu multiplizieren wir mit dem Hauptnenner aller Faktoren einer Gleichung. In Gleichung I haben wir die Brüche und . Da 7 ein Teiler von 21 ist, ist 21 der Hauptnenner, sodass die Brüche verschwinden, wenn wir die Gleichung mit 21 muliplizieren:
Nun multiplizieren wir noch Gleichung II mit dem Hauptnenner der Brüche , und , also mit 10.
Das umgeformte Gleichungssystem sieht nun wie folgt aus:
Schritt 2: Wir wollen zuerst x eliminieren.
Schritt 3: In diesem Schritt müssen wir die Faktoren der ausgewählten Variablen, also x, in zwei Gleichungen angleichen. “Faktoren angleichen” heißt, dass wir die Gleichungen jeweils so mit einer Zahl multiplizieren, dass hinterher die Faktoren von x (bis auf Vorzeichen) übereinstimmen. Der Faktor vor x in Gleichung I ist 2, der in Gleichung II ist −5. Wir können die erste Gleichung also mit 5 und die zweite mit 2 multiplizieren.
Schritt 4: Wenn wir die beiden Gleichungen nun addieren, fällt das x weg.
Schritt 5: Wir ersetzen Gleichung II des Gleichungssystems
Schritt 6: Die Variable x kommt nur noch in einer Gleichung vor. Wir können also mit Schritt 7 fortfahren.
Schritt 7: Wir sehen, dass in Gleichung I noch die beiden Variablen x und y vorkommen. Nach Rezept müssen wir also zurück zu Schritt 2.
Schritt 2: Wir wählen nun y, da wir x schon in allen Gleichungen außer einer eliminiert haben.
Schritt 3: Die Faktoren vor y in den beiden Gleichungen sind 6 und 1. Multiplizieren wir also die zweite Gleichung mit 6, so haben wir die Faktoren angeglichen.
Schritt 4: Wenn wir die beiden Gleichungen nun subtrahieren, fällt das y weg.
Schritt 5: Wir müssen uns nun entscheiden, welche der beiden Gleichungen
Schritt 6: Die Variable y kommt nur noch in einer Gleichung vor. Wir können also mit Schritt 7 fortfahren.
Schritt 7: In allen Gleichungen ist genau eine Variable übrig. Das heißt, wir dürfen zu Schritt 8 übergehen.
Schritt 8: Die Faktoren der Variablen sind in beiden Gleichungen gleich 1, was durch die Vereinfachungen zu begründen ist, die wir jeweils in Schritt 4 vorgenommen haben. Wir müssen hier also nichts mehr tun.
Schritt 9: Wir können die Lösung direkt ablesen: (3,−1) ist die einzige Lösung unseres ursprünglichen Gleichungssystems
Schritt 10: Zur Sicherheit überprüfen wir unser Ergebnis, indem wir den Punkt (3,−1) in das ursprüngliche Gleichungssystem
5.6.6 Tipps. Wie schon beim Lösungsverfahren “Auflösen und Einsetzen” haben wir beim Eliminationsverfahren einige Wahlmöglichkeiten. Auch hier kann man sich Arbeit ersparen, wenn man bedacht wählt. Zwei Dinge haben wir schon angesprochen. Zum Einen kann es sinnvoll sein, alle Gleichungen mit je einer geeigneten Zahl zu multiplizieren, um alle in der Gleichung vorkommenden Zahlen zu ganzen Zahlen zu machen. Das ist etwa dann der Fall, wenn in dem angegebenen Gleichungssystem Dezimalzahlen oder Brüche stehen. Zum Anderen kann man in Schritt 5 diejenige Gleichung ersetzen, die einem am kompliziertesten erscheint - sofern man damit keine schon eliminierten Variablen wieder verbreitet.
Zudem ist es sehr nützlich einzusehen, dass ihr beim Lösen eines Gleichungssystems nicht strikt nur eine der beiden Lösungstechniken verwenden müsst, sondern diese auch kombinieren könnt. Schauen wir uns Beispiel 5.6.5 noch einmal an. Genauer gesagt, springen wir zu der Stelle, an der wir zum ersten Mal Schritt 5 ausführen. Dort stehen wir bei dem Gleichungssystem
Wir wissen nun also, dass für jede Lösung (x,y) des Gleichungssystems Folgendes gelten muss: x = 3 und y = −1. Eine Probe bestätigt uns, dass der Punkt (3,−1) tatsächlich eine Lösung des Gleichungssystems ist.
Diese Kombination der beiden Lösungsverfahren führte also durchaus schneller zum Ziel als das strikte Abarbeiten des Eliminationsverfahrens. Wenn ihr also beim Lösen eines Gleichungssystems mit einem gewissen Lösungsverfahren beginnt, könnt ihr trotzdem zwischendurch auf ein anderes Verfahren umsteigen. Stellt euch das Ganze so vor: Nach jeder Umformung habt ihr wieder ein eigenständiges Gleichungssystem, das dieselben Lösungen hat wie das ursprüngliche Gleichungssystem. Zum Lösen dieses umgeformten Gleichungssystems könnt ihr beim derzeitigen Lösungsverfahren bleiben oder ein anderes benutzen.
Natürlich solltet ihr die einzelnen Lösungsverfahren erst beherrschen, bevor ihr anfangt sie miteinander zu kombinieren. In jedem Fall gibt euch eine Probe am Ende Gewissheit, ob der von euch berechnete Punkt tatsächlich eine Lösung des in der Aufgabenstellung angegebenen Gleichungssystems ist.
5.6.7 Aufgabe. Benutze das Gaußsche Eliminationsverfahren um die folgenden linearen Gleichungssysteme zu lösen. Mache jeweils eine Probe, ob dein Ergebnis stimmen kann. (Dies sind dieselben Gleichungssysteme wie in Aufgabe 5.5.5. Wenn du beide Aufgaben bearbeitest, kannst du dir ein Bild darüber verschaffen, wann dir welches Lösungsverfahren lieber ist.)
5.6.8 Aufgabe. Wenn du Aufgabe 5.6.7 bearbeitet hast, bearbeite sie erneut. Triff dieses Mal aber andere Entscheidungen an den Stellen, an denen du eine Wahl zu treffen hast. Hast du beim ersten Bearbeiten von Gleichungssystem 1 erst x eliminiert und dann Gleichung I ersetzt, so eliminiere nun vielleicht zuerst y oder ersetze Gleichung II statt Gleichung I. Du kannst auch versuchen, die Gleichungssysteme 5 und 6 zu lösen, ohne die Faktoren am Anfang ganzzahlig zu machen.
Welche Lösungswege sind für dich am einfachsten? Versuche zu verstehen, welche Auswirkungen die Entscheidungen auf die Schwierigkeit des Lösungsweges haben.
5.6.9 Bemerkung. (weitere Fälle). Auch bei der Behandlung des Eliminationsverfahrens haben wir unsere Betrachtungen zunächst auf lineare Gleichungssysteme in zwei Variablen mit eindeutiger Lösung beschränkt. Wir wollen daher in dieser Bemerkung und Beispiel 5.6.10 auf die anderen Fälle eingehen, die vorkommen können.
Wir betrachten zuerst den Fall, dass das gegebene Gleichungssystem zwar lösbar ist, aber keine eindeutig bestimmte Lösung hat. Wie schon in Bemerkung 5.5.6 erläutert, kann dies vorkommen, wenn zwei Gleichungen des Systems durch Multiplikation mit einer Zahl ineinander umgeformt werden können.
Im Eliminationsverfahren bemerkt man diesen Fall spätestens dann, wenn man nach Angleichen der Vorfaktoren die beiden Gleichungen addiert beziehungsweise subtrahiert. Betrachten wir beispielsweise das Gleichungssystem
Nun betrachten wir den Fall, dass das Gleichungssystem gar keine Lösung in der relevanten Menge hat. Wie schon in Bemerkung 5.5.6 erwähnt, kommt dies unter anderem dann vor, wenn das Gleichungssystem zu viele Gleichungen enthält, die nicht wie im obigen Fall ineinander umgeformt werden können.
Im Eliminationsverfahren bemerkt man diesen Fall spätestens dann, wenn man eine Gleichung erhält, die niemals erfüllt ist. Betrachten wir beispielsweise das Gleichungssystem
5.6.10 Beispiel. (mehr als zwei Variablen). Wir wollen hier an einem Beispiel klar machen, dass Rezept 5.6.4 auch im Falle von mehr als zwei Variablen funktioniert. Dazu betrachten wir das lineare Gleichungssystem
Alle vorkommenden Zahlen sind ganze Zahlen, sodass wir Schritt 1 überspringen können. Wir eliminieren zuerst die Variable x, indem wir passende Vielfache der ersten Gleichung zur zweiten und dritten Gleichung addieren. Genauer gesagt addieren wir das 4-Fache der ersten Gleichung zur zweiten
Nun eliminieren wir die Variable y, indem wir passende Vielfache der zweiten Gleichung zur ersten und dritten Gleichung addieren. Genauer gesagt addieren wir das (-2)-Fache der zweiten Gleichung zur ersten.
Zuletzt eliminieren wir z. Dazu addieren wir die dritte Gleichung zur ersten
Zur Probe setzen wir die berechnete Lösung in das ursprüngliche Gleichungssystem